Im Alter von 88 Jahren ist Siegfried Lenz, einer der bekanntesten Schriftsteller Deutschlands, am 7. Oktober in Hamburg gestorben. Mit ihm verliert die deutsche Literaturszene einen ihrer wichtigsten Vertreter der Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. In zahlreichen Romanen, Kurzgeschichten und Theaterstücken ging es Siegfried Lenz immer wieder darum, Stellung zu beziehen – zum Nationalsozialismus und zur Entwicklung der Bundesrepublik. Sein wohl berühmtestes und später verfilmtes Werk ist der Roman „Deutschstunde“ aus dem Jahr 1968, in dem Siegfried Lenz die Verquickung von Schuld und Pflicht kritisch beleuchtet.
Geboren wurde Siegfried Lenz am 17. März 1926 in Ostpreußen. Den Menschen und der Landschaft in Masuren hat Lenz in seinem Roman „So zärtlich war Suleyken“ ein Denkmal gesetzt.
Nach dem frühen Tod des Vaters zogen seine Mutter und Schwester aus Lyck weg und ließen den gerade schulpflichtig gewordenen Siegfried bei der Großmutter zurück. Nach dem Notabitur 1943 wurde Siegfried Lenz zur Kriegsmarine eingezogen. Bis heute nicht hinreichend geklärt ist, ob er damals selbst die Aufnahme in die NSDAP beantragt hat oder ob er im Rahmen eines Sammelverfahrens aufgenommen wurde. Jedenfalls desertierte er 1945 und geriet in britische Kriegsgefangenschaft.
Seinen ersten Roman „Es waren Habichte in der Luft“ veröffentlichte Siegfried Lenz 1951.
In seinen frühen Jahren war er einer der Wegbereiter der Kurzgeschichte in der deutschsprachigen Literatur und blieb lange deren herausragender Vertreter. Über Jahrzehnte hinweg gehörten Erzählungen wie „Das Feuerschiff“ aus dem Jahr 1960 zum Kanon der Schullektüre.
Siegfried Lenz blieb in seinen Werken stets auch ein Pädagoge, der aufzeigen wollte, „dass es richtiges und falsches Handeln gibt“. In einer viel zitierten Rede betonte er: „Ich schätze nun einmal die Kunst, herauszufordern, nicht so hoch ein wie die Kunst, einen wirkungsvollen Pakt mit dem Leser herzustellen, um die bestehenden Übel zu verringern.“
Immer wieder betätigte sich der passionierte Pfeifenraucher auch politisch: Gemeinsam mit Günter Grass engagierte er sich für die SPD und unterstützte die Ostpolitik Willy Brandts. Zur Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrages wurde Siegfried Lenz 1970 nach Warschau eingeladen.
Seit 1967 war Siegfried Lenz Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland, einer Schriftstellervereinigung, die für die Freiheit des Wortes eintritt. 1988 wählte der Stiftungsrat des Deutschen Buchhandels ihn zum Träger des Friedenspreises. 2003 wurde er Gastprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Ehrenmitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg.
Gemeinsam mit vielen Politikern und Literaten trauert auch das Team von Wort für Wort um den freundlichen, politisch aktiven Schriftsteller, der selten ohne seine Pfeife zu sehen war.
Einen Überblick über seine literarischen Werke findet man bei seinem Verlag https://www.hoffmann-und-campe.de/autoren-info/siegfried-lenz.