Rainer Erlinger hilft, die moralischen Klippen des Alltags zu umschiffen – dieses Buch präsentiert die Highlights seiner Kolumne „Gewissensfragen“ (Süddeutsche Zeitung Magazin).
Titel: Wenn Sie mich fragen
Autor: Rainer Erlinger
Verlag: Kunstmann, 2007
Genre: Sachbuch
Worum geht es in „Wenn Sie mich fragen“ von Rainer Erlinger?
Was Dr. Sommer für die BRAVO ist, ist Dr. Dr. Rainer Erlinger für das Magazin der Süddeutschen Zeitung – Woche für Woche beantwortet er die Fragen seiner Leserinnen und Leser in der Kolumne „Gewissensfragen“. Bei Dr. Sommer geht es ums erste Mal, bei Erlinger um Alltagsmoral: Darf ich meinem fünfjährigen Patensohn verraten, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt? Der Freund meiner besten Freundin betrügt sie – soll ich es ihr sagen? Soll ich darauf verzichten, im Münchner Englischen Garten Holunderblüten abzupflücken, um mir daraus eine Limonade zu machen, wenn andere vielleicht Interesse an den daraus reifenden Beeren hätten?
Der studierte Jurist und Mediziner hilft weiter, bevor man sich über Fragen wie diese endgültig den Kopf zerbricht. Im handlichen Band „Wenn Sie mich fragen“ präsentiert der Kunstmann Verlag nun eine Vielzahl der mal mehr, mal weniger ernsten Frage-Antwort-Paare.
Was mir an dem Buch „Wenn Sie mich fragen“ so gut gefällt:
Das vermeintlich ernste Feld der moralischen Zweifelsfälle wird vom Autor auf unterhaltsame Art beackert. Im Unterschied zu Dr. Sommer, der stets direkt zur Sache kommt, tastet Erlinger sich schrittweise an seine Empfehlungen heran. Als Jurist kennt er das jeweils anzuwendende Gesetz, gibt aber zu bedenken: „Dass ein Verhalten der Rechtsordnung entspricht, ist zwar ein Indiz, aber kein Beweis für seine Moralität“. Und so ist Erlingers Fazit immer das Ergebnis eines sorgfältigen Abwägens. Er bedient sich dabei der verschiedensten Quellen, darunter beispielsweise Artikeln aus soziologischen Fachzeitschriften oder altägyptischer Weisheitslehren – das Ergebnis ist kurzweilig, aber nie voreilig, ernsthaft, aber nie trocken. So manche Situation, in der man vielleicht selbst schon steckte, erscheint nun in einem anderen Licht.
Und sind Erlingers Überlegungen philosophisch fest fundiert, so fordert er die Fragenden auch mal ganz pragmatisch auf: „Also reden Sie miteinander.“ Um diesen Rat zu geben, muss man nicht Habermas gelesen haben, wer aber tiefer einsteigen möchte, findet die Quellen unter dem jeweiligen Antworttext. Und wer vom angestrengten Nachdenken über moralische Zweifelsfälle und Zwickmühlen hungrig geworden ist, kann das Rezept für „Krautfleckerln“ ausprobieren, das uns Rainer Erlinger im Anhang zu einer seiner Antworten mit auf den Weg gibt. Guten Appetit und viel Lesespaß!