David Bellos erzählt von „Sprache, Übersetzen und der Bedeutung von allem“
Autor: David Bellos
Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr?
Übersetzerin: Silvia Morawetz
Verlag: Eichborn (2013)
Genre: Sachbuch
Kurzinhalt von David Bellos‘ Was macht der Fisch in meinem Ohr?
„Sprache, Übersetzen und die Bedeutung von allem“ – der humoristisch klingende Untertitel spiegelt den Inhalt dieses empfehlenswerten Buches von David Bellos perfekt wider. Denn Was macht der Fisch in meinem Ohr? dreht sich rund um die Kultur des Übersetzens und ist gleichzeitig eine Reflexion über den Wandel von Sprache und Gesellschaft.
In den 32 kurzen Kapiteln bringt David Bellos verschiedene übersetzungsphilosophische Themen zur Sprache: Woher stammt das Wort „übersetzen“? Welche Bedeutung haben Übersetzungen und was können wir aus ihnen lernen? Nach welchen Maßstäben kann man eine Übersetzung als gut oder schlecht beurteilen?
Auch mit der Funktion und Bedeutung von Sprache beschäftigt der Autor sich: Bellos widerspricht beispielsweise der im 19. und 20. Jahrhundert vertretenen These der „Reinheit“ von Sprache und philosophiert über die Unmöglichkeit, sich sprachlich exakt auszudrücken.
Zudem ist das Buch mit eigenen Thesen gespickt: So spekuliert David Bellos, dass das Misstrauen gegenüber Übersetzern einer Zeit entstammt, in der man – viel stärker als heutzutage – auf deren Ehrlichkeit angewiesen war, da Sprache noch rein mündlich übermittelt wurde, also keinerlei Möglichkeit zur Fixierung des Gesagten bestand und Übersetzungen im Nachhinein nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden konnten. Außerdem geht er von einer hierarchischen Ordnung der Sprachen aus: Wird „aufwärts“ übersetzt, so steht die Zielsprache in der Rangordnung über der Ausgangssprache, in einer „abwärts“ gerichteten Übersetzung finden sich bewusste Spuren der Quellsprache.
Der Titel des Buches ist eine Anspielung auf Douglas Adams‘ Klassiker Per Anhalter durch die Galaxis. In dem Roman ermöglicht der „Babelfisch“ einem jeden, der sich dieses kleine Wesen ins Ohr einführt, das Verständnis aller gesprochenen Sprachen – eine unerreichbare Utopie. Was macht also der Fisch in meinem Ohr? Er hat dort gar nichts zu suchen! Denn in unserer Welt kommt die Aufgabe der Vermittlung zwischen Kulturen und Sprachen den Übersetzern und Dolmetschern zu.
David Bellos wirft in seinem Buch elementare Fragen auf, die der Leser bei der Lektüre selbst zu beantworten versuchen kann: Was ist Übersetzen? Und kennen wir überhaupt die Antwort auf diese Frage?
Was dieses Buch von David Bellos so lesenswert macht:
In seinem Buch Was macht der Fisch in meinem Ohr? bereitet David Bellos geschickt Fakten zum Thema Übersetzen individuell und ansprechend auf. Der essayartige Charakter jedes einzelnen Kapitels erleichtert das Lesen und seine lebendige Sprache lässt vergessen, dass es sich um ein theoretisches Werk handelt. Das Gemisch aus eigenen Erfahrungen und vergangenen Beobachtungen verschiedener Gelehrter gestaltet David Bellos verständlich und mit einer guten Portion Humor.
Beim Lesen des Buches wird nach und nach immer klarer, dass bei der Betrachtung verschiedener Sprachen nicht die Barrieren und Grenzen bedeutend sind, sondern vor allem die Gemeinsamkeiten. Obwohl es durchaus Kulturen gab, in denen das Übersetzen eine untergeordnete Rolle spielte, so ist diese Disziplin in unserer modernen Gesellschaft unverzichtbar. Doch nicht nur das: Die Auseinandersetzung mit der Kultur des Übersetzens hilft uns, gegenwärtige und vergangene Gesellschaften besser zu verstehen. Diese und viele andere wertvolle Erkenntnisse machen David Bellos‘ Buch nicht nur für Übersetzungsfreunde, sondern für jeden Kulturinteressierten empfehlenswert.
Wer neugierig geworden ist, der kann hier in das Buch reinlesen.
Am 5. Juni besuchte ich die Buchvorstellung in der Lengfeld’schen Buchhandlung in Köln, wo David Bellos Fragen rund um Übersetzungen und Sprache beantwortete. Hier finden Sie einen Bericht über den Abend.