In Australien erfanden Kinder der Aborigines eine neue Sprache namens Light Warlpiri
Neue Sprache Light Warlpiri: In dem isolierten Ort Lajamanu, mitten in der australischen Wüste gelegen, hat sich etwas Einzigartiges ereignet, was vor allem heutzutage für Linguisten von großer Bedeutung ist. In diesem von Aborigines bewohnten Ort entstand Anfang der 1980er Jahre eine neue Sprache, das Light Warlpiri. Sie wurde von Kindern erfunden und 2013 von Carmel O’Shannessy entdeckt und an die Öffentlichkeit gebracht.
Die Entdeckung der neuen Sprache Light Warlpiri
Die amerikanische Sprachwissenschaftlerin lebte in dem Dorf der Aborigines, um die einheimischen Kinder Englisch und Warlpiri zu lehren. Während ihrer Zeit mit den Kindern fiel ihr auf, dass diese eine seltsame Sprache sprachen. Diese Sprache war eine Mischung aus drei verschiedenen Sprachen: dem ursprünglichen Warlpiri, dem australischen Englisch und einer Kreolsprache namens Kriol. Carmel O’Shannessy machte die Beobachtung, dass die Kinder häufig zwischen diesen Sprachen wechselten und dabei einem bestimmten Muster zu folgen schienen. Da dies ihr linguistisches Interesse geweckt hatte, nahm sie die Sprache der Kinder auf und transkribierte sie anschließend. Es gelang ihr daraufhin, den Code dieser Sprache zu entschlüsseln, und schnell wurde klar, dass es sich bei dieser Sprache nicht um ein einfaches Kauderwelsch der Kinder handelte, sondern um eine neue Sprache, der sie den Namen Light Warlpiri gab.
Die Besonderheiten der neuen Sprache Light Warlpiri
Carmel O’Shannessy entdeckte, dass die Verben des Light Warlpiri aus dem ursprünglichen Warlpiri und dem Englischen stammen. So heißt „kochen“ auf Light Warlpiri „kuk“ und nicht „purra“ wie im ursprünglichen Warlpiri. Die Nomen des Light Warlpiri stammen hingegen aus dem Kriol. So wurde aus dem Begriff „kuyu-ju“ für „Abendessen“ in der neuen Sprache „sapa-ju“. Die Sprachwissenschaftlerin fand auch heraus, dass die Kinder eine neue Zeitform kreiert hatten, die Nichtzukunft. Diese beschreibt einen Vorgang, der in der Gegenwart oder auch in der Vergangenheit liegen kann, aber nicht in der Zukunft. Falls Sie wissen möchten, wie diese neu entstandene Sprache klingt, können Sie sich unter diesem Link eine Monstergeschichte auf Light Warlpiri anhören.
Entwicklung des Light Warlpiri
Im Laufe der Zeit wurde die Sprache an die nächste Generation weitergegeben, sodass die jungen Familien sich untereinander meist in dieser Sprache verständigen. Kommt eine ältere Person oder jemand Fremdes dazu, wechseln sie auf das ursprüngliche Warlpiri. Die alten Aborigines des Dorfes stehen dieser neuen Sprache jedoch kritisch gegenüber. Sie fürchten, dass es langfristig zum Verlust ihres ursprünglichen Warlpiri kommen wird.
Bedeutung für die Linguistik und Entstehung der neuen Sprache
Für die Linguisten hingegen ist die neue Sprache eine große Bereicherung. Sie erhoffen sich, durch Forschungen nun endlich die große Frage beantworten zu können, warum und auf welche Art neue Sprachen entstehen. O’Shannessy vertritt die Ansicht, dass sich diese Sprache aus der Babysprache entwickelt hat. Erwachsene verwenden in der Gegenwart eines Säuglings oft eine vereinfachte Sprache und neigen zu einer Erhöhung der Stimmlage und zur Wiederholung der Sätze. Da sie dadurch die Wörter der drei Sprachen abgewandelt haben, kann es sein, dass die Kinder diese aufgeschnappt und verinnerlicht haben. Da Kinder in Lajamanu meist unter sich sind und auch gemeinsam weit entfernt von ihren Familien an anderen Orten spielen, kann es gut sein, dass die Kinder schließlich innerhalb der Gruppe mit diesen Wörtern experimentiert und somit einen eigenen Code geschaffen haben, aus dem dann das Light Warlpiri entstand.
Ein weiterer Aspekt, der die Entstehung der neuen Sprache erklärt, ist die besonders hohe Kreativität dieser jungen Menschen sowie ihre Freiheit und Isolation. Die Kinder in Lajamanu lernen schon früh das Formen von Wörtern. So sprechen die Menschen in Lajamanu nicht nur Warlpiri, sondern beherrschen auch eine Form der Gebärdensprache. Witwen verfallen beispielsweise nach dem Tod ihres Ehemanns oft in monate- oder sogar jahrelanges Schweigen und verständigen sich dann nur noch mit Hilfe der Gebärdensprache. Stirbt jemand, verschwindet auch sein Name für immer, sodass gleichnamige Personen nur noch „kein Name“ genannt werden oder mit ihren Initialen angesprochen werden.
Wir sind gespannt, wann unser Wort für Wort-Team die ersten Kundenanfragen zur Übersetzung ins Light Warlpiri bekommen wird …
Was unterscheidet diese „Nichtzukunft“ vom (Alt?)Hebräischen „Perfekt“ (wörtlich) als Abgeschlossenes, Bestehendes vs. „Imperfekt“ (wörtlich) Unvollendetes für Künftiges?
Nicht zu vergessen: Harald Weinrich: Tempus – besprochene und erzählte Welt.
H.W. wies darauf hin, dass „Tempora“ weniger mit Zeitangaben als mit Reliefbildung zu tun hat.